Der Umbau des Energiesystems zu einem CO₂-armen Sektor bedingt enorme Investitionen, auch in Entwicklungs- und Schwellenländern. Jährlich sind es geschätzte zwei Billionen US-Dollar weltweit1. Um diesen Bedarf zu stemmen, ist eine Verschiebung der Finanzströme des privaten Sektors hin zu CO₂-armen Technologien nötig, zum Beispiel hin zu erneuerbaren Energien. In Entwicklungsländern wird aber weiterhin eher in konventionelle Technologien als in (neue) erneuerbare Energien investiert, obwohl dort die natürlichen erneuerbaren Potentiale wie Wind oder Sonne oft sehr hoch sind. Wie kann man dies ändern?
Ein wichtiger Grund für die besonders geringen Investitionen in erneuerbare Energien in Entwicklungsländern sind erhöhte Investitionsrisiken, welche Entwicklungsländer aufgrund ihrer politisch-ökonomischen Rahmenbedingungen aufweisen. Diese Risiken widerspiegeln sich in erhöhten Finanzierungskosten, zum Beispiel in Form von Zinsen für Fremdkapital. Warum aber ist dies ein grösseres Problem für erneuerbare als für konventionelle Technologien, die ja auch diesen Risiken unterliegen? Da erneuerbare Technologien sehr kapitalintensiv sind, sind sie auch bezüglich ihrer Erzeugungskosten stärker von hohen Finanzierungskosten betroffen als konventionelle Technologien, deren Kosten eher von den Brennstoffpreisen abhängen – siehe Graphik.

Die Graphik vergleicht die Erzeugungskosten von Wind und Gas in zwei Risiko-Kontexten: in einem Industrieland (links, niedrige Finanzierungskosten) und einem Entwicklungsland (rechts, hohe Finanzierungskosten). Im Gegensatz zu Gas sind die Erzeugungskosten von Wind massiv (40%) von den erhöhten Finanzierungskosten in Entwicklungsländern betroffen. Quelle: Waissbein et al., 2013
Wer erneuerbaren Energien in Entwicklungsländern den Weg bereiten will, sollte sich also mit Investitionsrisiken beschäftigen. In einem neuen Report2 des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP), an dem ich als einer von vier Autoren mitgewirkt habe, geht es um diese Risiken. Thema ist vor allem, wie man die Risiken verringern kann («Derisiking»). Grundsätzlich ist dies möglich, indem man die Auswirkungen eines Schadens begrenzt und/oder die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadens senkt. Im Report betrachten wir beide Möglichkeiten und unterscheiden zwischen finanziellem und politischem «Derisking»:
- «Finanzielles Derisking» mindert Risiken, indem es die Konsequenzen eines möglichen negativen Ereignisses vom Investor auf andere Institutionen verlagert; es geht also um Schadensbegrenzung ähnlich einem Versicherungsgeschäft. Ein Beispiel ist eine politische Risiko-Versicherung , wie sie die Weltbank anbietet («Political Risk Insurance»), die einen Investor zum Beispiel gegen Enteignung versichert.
- «Politisches Derisking» verringert die Eintrittswahrscheinlichkeit eines negativen Ereignisses, indem es das Investitionsumfeld verbessert. Ein Beispiel ist das Vereinfachen von oft komplizierten Verfahren für die Beantragung von Betreiberlizenzen – komplizierte Verfahren bedeuten hohe Risiken, gerade zu Projektbeginn.
Beide Arten von «Derisking» können also die Risiken und damit die Finanzierungskosten senken, kosten selbst aber auch Geld. Falls Derisking-Massnahmen zu höheren Einsparungen als Kosten führen, erlauben sie, erneuerbare Energie zu fördern und gleichzeitig die gesellschaftlichen Kosten und die CO₂-Vermeidungskosten zu verringern. Anhand von vier ausgewählten Entwicklungsländern (Kenia, Mongolei, Panama und Südafrika) haben wir die Wirkung von finanziellem und politischem «Derisking» für Wind untersucht.

In der Graphik werden die CO₂-Vermeidungskosten (in US-Dollar pro Tonne) für Wind in Südafrika und der Mongolei gezeigt. Jeweils links sind die derzeitigen Kosten zu sehen, während rechts die Kosten nach erfolgreichem «Derisking» zu sehen sind. Quelle: Waissbein et al., 2013
Die Ergebnisse sind vielversprechend: In allen vier Ländern ist der Einsatz von «Derisking»-Instrumenten ökonomisch sinnvoll und hat eine (teils massive) Reduzierung der CO₂-Vermeidungskosten von Wind zur Folge (siehe Graphik für Südafrika und Mongolei). Die Kosteneinsparungen übertreffen die Kosten für das «Derisking» bei weitem.
Für mich als ETH-Forscher war ein weiteres, erstaunlicheres Ergebnis der Studie, wie wenig Literatur zu Investitionsrisiken für erneuerbare Energien in Entwicklungsländern derzeit existiert. Der Forschungsbedarf ist erheblich und verspricht relevante Einsichten und Ergebnisse.
1 Global Energy Assessment 2012
Zum AutorDr. Tobias Schmidt ist Post-Doktorand und Dozent an der Professur für Nachhaltigkeit und Technologie des Departments Management, Technologie und Ökonomie der ETH Zürich. Persönliches Zitat und Biografie